Der Wecker klingelte pünktlich - aber viel zu früh. Wie jeden Morgen. Ich freute mich, dass ich noch ein paar Minuten liegen bleiben konnte, da mein zweiter Wecker mir noch 10 Minuten unter der warmen Bettdecke gönnen sollte.
Nach einem kurzen Moment glücklichen Wiedereinnickens schreckte ich auf. War es jetzt nur der erste Wecker oder hatte ich auch den Zweiten bereits ausgeschaltet? Nein Blödsinn. Es war natürlich nur der Erste. Aber hatte ich den Zweiten gestern Abend auch sicher eingeschaltet? Keine Ahnung. Schau lieber nach.
Ich machte das Licht an und kontrollierte den zweiten Hahnersatz. Natürlich war alles in Ordnung. Licht wieder aus. Wie viel Zeit bleibt mir noch bis zum Klingeln?
Hätte ich eben nachschauen können, hab ich aber nicht.
Wenn ich gerade wieder im Einschlafen bin, wäre ich furchtbar enttäuscht, sollte der Wecker mir diese Freude nicht gönnen. Andererseits wäre es schön, zu wissen, dass es noch herrliche acht Minuten sind.
Gut. Überzeugt. Ich schaue nach. Aber sollten es doch nur noch 2 Minuten sein, wäre ich bitter enttäuscht. So etwas kann einem den ganzen Tag verderben. Also doch besser liegen bleiben und voller Hoffnung noch einmal die Augen zu.
Jetzt ist aber doch schon viel Zeit seit dem ersten Weckerklingeln vergangen. Hab ich den Zweiten sicher nicht aus Versehen ausgeschaltet, als ich nachgesehen habe, ob er wohl eingeschaltet ist? Du bist neurotisch. Natürlich nicht, aber was wäre, wenn es wirklich so wäre? Neurotiker verschlafen, Nicht-Neurotiker auch. Ob es wissenschaftliche Abhandlungen und Statistiken darüber gibt, wer häufiger verschläft?
Mein Gott bist du anstrengend. Wer außer dir denkt in aller Früh zwischen zwei Weckern an einen solchen Quatsch? Da hättest du auch gleich aufstehen können. Aber wozu? Um zu warten, bis der Kaffee fertig ist? Jeden Abend, bevor ich ins Bett gehe, richte ich mir den Kaffee schon für den nächsten Tag zurecht. Nach dem Aufstehen muss ich dann nur noch auf den Einschaltknopf drücken. Das könnte ich jetzt machen: Schnell aufstehen! In die Küche laufen! Auf den Knopf drücken! Zurück rennen! Schnell unter die Bettdecke huschen, bevor diese merkt, dass ich überhaupt weg war.
Genau so machte ich es. War das ein herrliches Gefühl, wieder unter der warmen Decke zu liegen. Ich hatte es tatsächlich geschafft. Die Wärme war noch da. Jetzt genüsslich die Augen zu und ... der Wecker klingelte. So ein Mist. Gerade jetzt. Im schönsten aller Momente. War das jetzt der erste oder schon der zweite Wecker? Da ich ein Mann schneller Entscheidungen bin, beschloss ich, noch 10 Minuten liegen zu bleiben. Wenn dann der zweite Wecker klingeln würde, hätte ich alles richtig gemacht. Wenn nicht, na ja, alles falsch eben.
Nachdem mein Gehirn um diese Uhrzeit schon derart mit lebenswichtigen Dingen belastet war, schob ich die Verantwortung für die anstehende Entscheidung auf primitivere Körperregionen ab, die sich jetzt ebenfalls meldeten. So trieb mich eine Kombination aus Bier vom gestrigen Abend und Vorfreude auf den ersten Kaffee des neuen Morgens endgültig aus dem Bett. Alkohol ist halt doch für etwas gut.
Während ich mich mit leichter werdender Blase vom Bier, das seine Reise durch den Körper beendet hatte, verabschiedete, freute ich mich auf den wohl schon fertigen Kaffee und die Zeitung.